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This article was published in issue 1.2019 of the journal "Klassik Uhren". It is reproduced with their kind permission, and can be downloaded as a PDF here, 14Mb. A Google translation can be found here.
DIE BEWEGENDE ABER FAST VERGESSENE GESCHICHTE DER "HOHEN UHRMACHERKUNST" VON SARCAR UND DIE REHABILITIERUNG DER GEHEIMNISVOLLEN ,"UHRENMANUFAKTUR NlTON"
Der folgende Text beruht auf den Nachforschungen von Sander Peeters, der sich intensiv mit der Geschichte der Uhrenmanufakturen Niton und Sarcar befasst hat. Der Autor hat freundlicherweise gestattet, seinen englischsprachigen Beitrag zum Thema in einer freien und gekürzten Fassung in das Deutsche zu übertragen. Der Herausgeber von Klassik Uhren, Christian Pfeiffer-Belli, und die Autorin und Übersetzerin danken Sander Peeters für die Kooperation und freuen sich, die Ergebnisse seiner Nachforschungen vorstellen zu können. Sander Peeters wiederum freut sich über Rückmeldungen zu diesem Beitrag und da er momentan an einer Genealogie arbeitet, ebenso über Fotos und jegliche Informationen zu Niton und Sarcar.
Die 1919 in Genf gegründete Uhrenmanufaktur "Manufacture des Montres Niton S.A." wurde schnell für die herausragende Qualität sowohl ihrer Uhrwerke als auch ihrer Armband- und Taschenuhren berühmt. Ihre Werke erlangten die Auszeichnung mit dem Qualitätszeichen zweier "Poinçon de Genève" (Genfer Punzen, Anm. d. Ü.), die ihnen höchst mögliche Qualität und Genauigkeit bescheinigten. Als Neuling sorgte Niton damit für Unruhe in der behäbigen und traditionellen Rangordnung der Uhrmacher in Genf, der Welthauptstadt der Uhrmacherei.
In den Zwanziger Jahren begannen die Produktionszahlen der Armbanduhr diejenigen der Taschenuhren zu übersteigen und das avantgardistische Design in reinstem Art Déco der Taschen- und Armbanduhren von Niton passte perfekt zum Zeitgeist des "Großen Gatsby" (Roman von F. Scott Fitzgerald, Anm. d. Ü.).
Nur die Allerreichsten auf der Suche nach der besten Qualität wurden Kunden von Niton. Deren unvergleichlicher Standard für kleine, ultraflache, komplizierte und präzise Taschen- und Armbanduhrwerke ließ den Kundenstamm rasch wachsen. Dazu gehörten auch die bedeutendsten Juweliere und Manufakturen der Zeit wie Cartier, Gübelin, J. E. Caldwell & Co., Garrard & Co., Mersmann, E. Dreyfous, C. F. Bucherer, Van Cleef & Arpels Tiffany&Co. und Beyer Zürich. Aber auch C. H. Meylan, Breguet, Patek Philippe & Co., A. Lange & Söhne, Henri Blanc und möglicherweise sogar HR Ekegren/Ed. Koehn, Vacheron Constantin, Charlton von Haas Neveux, Cresarrow Watch Co. von CH Meylan und Niton, Touchon & Co., Golay Fils & Stahl, Mauboussin und Pavillons Watch Co. zählten dazu.
Doch dann holten die beiden großen Wirtschaftskrisen in den frühen zwanziger und dreißiger Jahren die Schweizer Uhrenindustrie ein. Auch die Industrialisierung in Amerika setzte der noch mehr manufakturiellen Herstellungsweise zu. Niton gehörte zu den Opfern und musste 1941 aufgrund eines fehlenden finanziellen Polsters seine Produktionsrechte an die Ebauches S.A. verkaufen. 1957 wurde Niton von Sarcar unter dessen Eigentümer, Carlos Sarzano aufgekauft. Dieser hatte glücklicherweise eine ähnliche Einstellung wie die Vorbesitzer: "Groß genug, um stabil, und klein genug, um unabhängig zu sein." Doch die Zeiten waren rau und angesichts des harten Wettbewerbs, der zunehmenden internationalen Industrialisierung und der Revolution durch die Quarz-Uhr fusionierte Niton 1971 mit Sarcar, und die Marke Niton, die einst nur den vermögendsten Persönlichkeiten der 20-er und 30-er Jahre offen stand, verließ die „Theaterbühne der Haute Horologerie“ ohne Aufsehen zu erregen, aber auch ohne Vermächtnis. Paulette Sarzano Pellaton, seit 1974 Witwe des Eigentümers, schlug einen wagemutigen Kurs ein, indem sie maßgeschneiderte Uhren für die wohlhabenden Schichten in Asien produzieren ließ. 1996 schloss sich Sarcar mit Tramex zu Sarcar Tramex zusammen und Niton schien für immer verschwunden. Die Geschichte von Niton und Sarcar
Anhand der Handelsregistereinträge und Veröffentlichungen im Handelsanzeiger "La Fédération Horlogère Suisse" lässt sich die Geschichte von Niton seit dem Tag ihrer Gründung unter dem Namen "Manufacture des Montres Niton" am 12. Dezember 1919 durch William-Auguste Jeannet, Edouard-Henri Morel und Achille-Alfred Bourquin in Genf gut verfolgen (Abb. 1). Morel und Bourquin waren beide von 1908 bis 1916 bei Vacheron Constantin angestellt, bevor sie ihr eigenes Unternehmen gründeten. Der Name Niton ist abgeleitet von dem lateinischen Wort „nitens“, welches hell oder strahlend bedeutet. Die Bezeichnung Niton wurde im Übrigen auch für ein von Friedrich Ernst Dorn in Deutschland entdecktes Element verwendet, das 1923 unter dem Namen Radon, eine Abkürzung von Radium-Emanation (Radium-Strahlung, Anm. d. Ü.), bekannt wurde. Zudem ist der Name Niton in Genf wohlbekannt. Die „Steine“ oder „Felsen von Niton“ sind zwei Felsen im Genfer See an der Einfahrt zum Genfer Hafen. Und der Markierungsstein „Repère Pierre du Niton“ (RPN) dient in der Schweiz als Referenzpunkt für die Höhenmessung. In seinem Fall leitet sich der Begriff von dem antiken Meeresgott Neptun ab, der am Genfer See auch als Wassergeist Nuiton oder Neton bekannt ist.
Die Auszüge aus Handelsregister und Handelsanzeiger zeichnen mehrfache Wechsel des Firmenstandorts ebenso auf wie Ein- und Austritte von Gesellschaftern, Positionswechsel innerhalb der Firma und Änderungen der Rechtsform. Erste Werbeanzeigen erschienen 1923 in „La Fédération Horlogère Suisse“ (Abb. 2), die Manufaktur rühmte sich darin auch ihrer Wettbewerbserfolge beim „Concours pour chronomètres de poche“ (Wettbewerb für Taschenchronometer, Anm. d. Ü.) und dem „Concours chronomètrique international“ (Internationaler Wettbewerb für Chronometer, Anm. d. Ü.). Niton nahm regelmäßig an diesen Wettbewerben teil, gewann ebenso regelmäßig Preise (Abb. 3, 4, 5, 6 und 7) und durfte seit 1923 die Genfer Punze, zweimal Poincon de Genève, führen.
Patenteinreichungen, wie z. B. 1925 für einen vereinfachten und verkleinerten Aufzugs- und Zeigerstellmechanismus zur Herstellung flacherer Uhrwerke, oder, 1927, für zwei Entwürfe eines ultraflachen L-förmigen Baguette-Werks für eine Anhängeruhr für die Dame (Abb. 8 und 9), eine weitere für den Entwurf einer einfachen Anzeige der „springenden Stunde“ (Abb. 10, 11, 12 und 13) sowie 1928 für drei Arten der Anzeige der „springenden Stunde“ mit der „springenden Stunde“ hinter einem Fenster, Minutenanzeige über Scheibe und Sekundenanzeige auf dem Zifferblatt (Abb. 14, 15 und 16), zeugen vom technischen Willen zu Qualität und Fortschritt. Nach Genf und Paris expandierte Niton S.A. im Juli 1929 mit einem weiteren Firmensitz in der Fifth Avenue 607 in New York in die USA und war so an dem Ort angekommen, an dem die exklusivsten Firmen residierten. Nicht weit davon entfernt, an der Ecke 52.te Straße und Fifth Avenue 653, hatte sich 1917 Cartier niedergelassen, und eine Architektur-Ikone des Art Déco, das Rockefeller Center (1929 bis 1940) wurde im selben Jahr, in dem Niton S.A. sich in den USA niederließ, hochgezogen. Die Manufaktur wusste um ihre zukünftige Klientel, doch kam mit dem Börsenkrach am 24. Oktober 1929 die Weltwirtschaftskrise und der Absatzmarkt für Luxusuhren brach ein. Im Frühjahr dieses Schicksalsjahres Jahr nahm Niton gemeinsam mit Agassiz, Patek Philippe, Wittnauer und Record als Aussteller an der Schweizer Uhrenmesse in Basel teil. Dort präsentierte das Uhrenhaus Uhrenmanufaktur Niton S.A. extra flache und trotzdem komplizierte Uhrwerke, „heures sautantes“/Uhren mit springender Stunde, kleine Größen sowie Einzelstücke und Schmuckobjekte.
Nur wenige Monate später jedoch, am 30. Dezember 1933, wurde im Handelsregister ein Eintrag vorgenommen, dem man entnehmen kann, dass das Stammkapital von Niton beträchtlich geschmolzen war. Auch war nur noch ein Eigentümer, Achille-Alfred Bourquin, der Manufaktur treu geblieben, die anderen hatten sich aus nicht näher bekannten Gründen zurückgezogen. 1941 schließlich verkaufte Niton einen Teil der Produktionsrechte an die Ebauches S.A., die sich zu dieser Zeit aus ETA, AS, Valjoux sowie weiteren Namen zusammensetzte und in der Produktion von Rohwerken und Uhrteilen aktiv war. Unter dem Namen Ebauches S.A. produzierte Niton von 1941 bis 1955 für Chopard, Rolex, Universal und andere mehr. Nach schwierigen Jahren wurde Niton am 4. Februar 1957 offiziell von Sarcar S.A. aufgekauft, die Uhren wurden vom neuen Eigentümer jedoch nach wie vor unter dem Handelsnamen Niton verkauft. Diese neuen Eigentümer waren Carlos Sarzano, ein gebürtiger Brasilianer mit italienischen Wurzeln, Paulette Pellaton, die spätere Ehefrau von Carlos Sarzano, Georges Ketterer und Jean Zollinger. Alle wiesen eine kaufmännische Ausbildung und ein entsprechendes Wissen auf.
Paulette Pellaton stammte aus einer Uhrmacherfamilie, in der auch der Vater Uhrmacher war. Kurz nach ihrem dritten Geburtstag starb ihre Mutter und nachdem sie ihre kaufmännische Ausbildung abgeschlossen hatte, ihr Vater. Da der Rest der Familie von ihr abhängig war, begann sie, kaum 17-jährig, zu arbeiten. Zunächst arbeitete sie für das Rote Kreuz und kurz darauf, 1939, als Sekretärin für Vacheron Constantin, wo sie ihren späteren Ehemann, Carlos Sarzano, kennenlernte.
Vor allem von Georges Ketterers weit gefächerten geschäftlichen Kompetenzen und Verbindungen profitierte die Manufaktur. Er war Geschäftsführer bei Jaeger LeCoultre & Cie. und Wittnauer, ab 1938 Geschäftsführer bei Vacheron Constantin sowie von 1941 bis 1957 Vizepräsident der Fédération Horlogère gewesen. Natürlich wusste er, wie man eine Uhrenmanufaktur zu führen hatte und Kunden erreichte. Georges Ketterer und Carlos Sarzano kannten sich bereits. Carlos Sarzano, der vorher bei Baume & Mercier sowie als Partner von Universal und später als Generalvertreter für Vacheron Constantin für Italien und Spanien gearbeitet hatte, war Initiator des Zusammenschlusses von Vacheron Constantin und Jaeger LeCoultre im Jahr 1938. Fur die erfolgreiche Fusionierung und die ungewohnlich guten Verkaufsergebnisse erhielt Carlos Sarzano von seiner Position bei Vacheron Constantin die Exklusivrechte fur den Verkauf von Vacheron Contantin, Jaeger LeCoultre und Audemars Piguet (alle Teil der SAPIC-Gruppe) in Italien und Spanien. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Carlos Sarzano Sarcar 1948 in Genf und setzte seine Tätigkeit als unabhängiger Repräsentant dieser drei Marken für den italienischen und spanischen Markt bis zum Tod von Georges Ketterer 1969 fort. 1965 wurde Georges Ketterer Eigentümer der Manufaktur Vacheron Constantin, die damit nicht mehr länger mit Jaeger LeCoultre zusammenhing. Mit dem Tod von Georges Ketterer 1969 übernahm sein Sohn Jacques Ketterer die Geschäfte, die er bis zu seinem eigenen Tod im Jahr 1987 führte. Bis 1996 behielt Sarcar die exklusiven Verkaufsrechte von Vacheron Constantin für Italien.
Der Name Sarcar setzte sich im Übrigen aus der Kombination der ersten Silben von Carlos Sarzano, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, zusammen. Mit dem Kauf der relativ kleinen Manufaktur Niton wollte Sarzano einen Traum verwirklichen und einzigartige sowie wertigere Uhren produzieren. Seine Vision einer Manufaktur lässt sich folglich so beschreiben: Groß genug, um stark, klein genug, um unabhängig zu sein. Nur wenige Wochen später in 1957 zog sich Achille-Alfred Bourquin endgültig von den Geschäften und damit von Niton zurück.
1965 war für Sarcar ein ereignisreiches Jahr. Carlos Sarzano übertrug die Verantwortung für die Firma seiner Frau Paulette, konzentrierte sich zusätzlich auf den Europäischen Markt und brachte eine Kollektion von Armbanduhren in 18-karätigen Goldgehäusen auf den Markt, die die vergoldeten Uhrgehäuse ersetzten. In diesem Zeitraum konzentrierte sich Sarcar mit der Marke Niton immer noch auf den europäischen Markt, während die Marke Sarcar auf den europäischen Markt, den Mittleren Osten sowie Mittel- und Südamerika ins Visier nahm.
1971 wurde beschlossen, dass Niton S.A. und Sarcar S.A. unter dem Namen Sarcar S.A. fusionieren sollten, um die Koordination der Aktivitäten, besonders in den Herstellungs- und Vertriebsbereichen, zu verbessern und gleichzeitig die Handwerkstradition der Genfer „Cabinotiers“ zu erhalten, die des Handwerkers also, der seine Arbeit nach dem Genfer Qualitätsstandard ausrichtet. Und so wurde Niton im April 1972 ohne Auflösung von Sarcar übernommen.
Damit schien Niton für immer von der Bühne der hohen Uhrmacherkunst verschwunden zu sein, wobei die Tatsache bemerkenswert ist, dass laut der Abteilung Handelsfirmen des New Yorker Staatsministeriums die Uhrenmanufaktur Niton S.A. in den USA heute noch aktiv ist. Auf Nachfrage bei dem Rechtsnachfolger von Sarcar, der Sarcar Tramex S.A. blieb unklar, wer die namensgebende Firma übernommen hatte. Im Jahr 2016 durchgeführte Nachforschungen ergaben, dass es sich wohl nur noch um eine Briefkastenfirma handelt.
Von 1971 an, also noch vor der Revolution durch die Quarzuhr und der daraus resultierenden Krise 1979, scheint es trotz allem keine positiven Perspektiven für die Uhrenmanufaktur Sarcar gegeben zu haben. Die Firma war für die gewaltige Schweizer und internationale Uhrenindustrie, die sich mit Macht in die massenhafte industrielle Produktion billiger Quarzuhren stürzte, kein ebenbürtiger Gegner. Und so überlebten aufgrund der Wirtschaftskrise, der Industrialisierung und der Quarzuhr nur 650 von ehemals 1800 Uhrenfirmen in der Schweiz. Von den 90.000 Arbeitsplätzen in den 1970er Jahren waren 1984 gerade einmal 30.000 übrig geblieben. 1974 starb Carlos Sarzano nach schwerer Krankheit. Da sein ältester Sohn bereits ein eigenes Unternehmen besaß und ein weiterer Sohn sowie die Tochter noch studierten, wurde die Manufaktur von seiner Frau übernommen. Bedingt durch die geringen Verkaufszahlen musste Paulette Sarzano-Pellaton schwierige Entscheidungen treffen und verlegte sich schließlich auf die Produktion hochwertiger und kostspieliger Uhren, auch wenn es sich anfangs wieder um Uhren in vergoldeten Gehäusen handelte. Doch nach 12 Jahren Entwicklungszeit erreichten die Qualität der Werke und die Verwendung hochwertiger Materialien wieder den exklusiven Standard der „Haute Horlogerie“. Um diese Zeit fertigte Sarcar im Jahr etwa 4320 Uhren an. Im Vergleich zu Schweizer Standards eine außerordentlich geringe Produktionsmenge, doch umso beeindruckender war das Design. Sarcar verlegte sich auf die Anfertigung von singulären, qualitativ hochwertigen und maßgeschneiderten Uhren. Dies ging soweit, dass der Kunde selbst entscheiden konnte, welche Materialien, Bilder und Steine er am Handgelenk tragen wollte. Sarcar machte Uhrenträume war und hatte zuerst die Wohlhabenden und Prominenten in London und im Mittleren Osten im Blick, bevor die Manufaktur das Finanzzentrum in Asien ins Visier nahm. Wie die „Manufacture des Montres Niton“ konzentriert sich auch Sarcar auf ein Luxus-Klientel und stellt maßgeschneiderte Uhren für einige wenige Glückliche her, alle mit spezieller Luxusausstattung für spezielle Geschmäcker. Die meisten Kunden sind wichtige Mitglieder königlicher Familien, genannt seien beispielsweise: der König von Bhutan anlässlich seiner Krönung, der frühere König von Thailand, Bhumibol, der eine ganze Kollektion für seine Familie mit dem persönlichen Schriftzug und geschliffenen Diamanten erwarb, der Schah von Persien, der König von Brunai (verkauft von Vincci in London), der Emir von Abu Dabi, anlässlich eines Pferderennens, das speziell für den begeisterten Pferdeliebhaber veranstaltet wurde, der königliche Emir von Katar, die Regierungen von Saudi Arabien und Oman und viele mehr. Jede Uhr, die die Werkstatt verließ, war ein absolutes Schmuckstück. Berühmtheit erlangte vor allem der 1981 entwickelte „Magische Mond“, eine mit Diamanten besetzte Scheibe, die sich mit den Bewegungen des Handgelenks ihres Trägers dreht.
1986 schließlich wurden die Vorgaben für die nationalen Verkaufszahlen übertroffen und 1991 war die Nachfrage nach Luxusuhren doppelt so hoch wie die Auslieferungen. Mit ein Grund dafür war der Fachkräftemangel, eine Nachwehe der Quarzuhrenrevolution, die die Ausbildung fähiger und junger Uhrmacher verhindert hatte.
1996 fusionierten Tramex S.A. und Sarcar S.A. unter dem Handelnamen Sarcar Tramex S.A. Mit Firmensitz in der Route de Chêne 41 A in 1200 Genf und noch unter dem Namen Sarcar produzierte die Sarcar Tramex S.A. nun wie zuvor qualitativ hochwertige, maßgeschneiderte Uhren, die Namen trugen wie „Der Goldfisch“, „Die noblen Stunden“, „Die Spirale“, „Der Magische Mond“ oder „Klassischer Monat“ und die Eigentümer auf emotionaler Ebene ansprachen. Mit dem „Frosch“ (2016), nach Meinung von Sander Peeters eines der absoluten Highlights, gelang Sarcar ein wahrhafter Coup sowohl als Produzent hochwertiger Uhrwerke als auch als Schmuckuhrhersteller (Abb. 17). Das Zifferblatt des Frosches zeigt eine Libelle und einen Frosch in einem Teich im Stil von Monet und Lalique. Von einer Stunde zur nächsten hüpft der Frosch um die Libelle herum und zeigt so die Zeit an. Die papierdünnen Flügel der Libelle vibrieren bei der kleinsten Bewegung des Handgelenks und die Zeitanzeige wird angesichts des faszinierenden Schauspiels, das sich vor den Augen des Betrachters ausbreitet, nahezu bedeutungslos.
„Der Markt gehorcht dem Kunden“ und ebenso das Design der Kollektion. Diese konzentriert sich vermehrt auf den asiatischen Markt mit Hongkong an erster Stelle, dicht gefolgt von Singapur und Japan. Sarcar hatte sich von Anfang an auf Schmuckuhren konzentriert, was durch die Kollektion 2018 erneut betont wird. Mit der „Carrousel Gent“ mit bunten Schmetterlingen, die um ein blumengeschmücktes Zifferblatt flattern (Abb. 18) und der „The North Star“, einer Armbanduhr mit 18-karätigem Weißgoldgehäuse mit unsichtbar gefassten Diamanten im Baguette-Schliff und einem großen Diamanten von 2,15 Karat im Prinzessschliff hat Sarcar einen neuen Maßstab gesetzt (Abb. 19). Selbst die anderen renommierten Marken folgen diesem Trend, wie auf der Uhrenmesse in Basel zu sehen war.
Alle Uhren haben nur eines gemeinsam und das ist der Schriftzug „Sarcar“. Jede von ihnen ist einzigartig maßgeschneidert, ihre Auflage streng limitiert. Das Design dieser kostbaren Schmuckuhren orientiert sich am Fernen und Mittleren Osten mit wertvollen Edelsteinen, Gold von 18 Karat und Darstellungen, die für Glück und Wohlstand stehen. Die Luxusuhren, die in enger Abstimmung mit dem Kunden entworfen werden, werden von gut ausgebildeten Handwerkern angefertigt. Alle Uhren besitzen ein hochwertiges Kaliber von ETA, Nouvelle Lemania in „L’ Orient“ (Kaliber 2010), Frédéric Piguet (Kaliber 935 und 615) sowie ultraflache Automatik-Kaliber von BlancPain und Dubois Dépraz. Kurz: Sarcar lässt Träume wahr werden. Nach Auskunft der heutigen Geschäftsführerin, Maya König, ist das gesamte historische Archiv mit sämtlichen Produktionsdaten und Aufnahmen entweder vor oder während der Fusion der „Manufacture des Montres Niton S.A.“ mit Sarcar, Sarcar Tramex verloren gegangen.
Letzte lebende Zeugin der Uhrenmanufaktur Niton und von Anbeginn dabei ist die mittlerweile 96 Jahre alte Paulette Pellaton, die bereits an der Wiege von Sarcar stand. Bezüglich der Frage, wie sich der Gründer von Sarcar, Carlos Sarzano, und einer der Gründer von Niton, Achille-Alfred Bourquin, anlässlich der Übernahme von Niton durch Sarcar kennenlernten, gab Maya König eine verblüffende Antwort. 1981, als sie begann für Sarcar zu arbeiten, war die Schweizer Uhrenindustrie noch wie eine große Familie mit Traditionen. Sämtliche Uhrmacher, das Management und die Geschäftsführer der verschiedenen Firmen trafen sich zum Mittagessen oder nach der Arbeit. Darauf bestand Paulette Pellaton persönlich auch gegenüber Carlos Sarzano: „Gehe niemals ohne Aperol nach der Arbeit nach Hause.“ So kam es, dass sich alle untereinander kannten. Diese offene Firmenkultur existiert heute nicht mehr, hat aber wahrscheinlich den Kontakt zwischen Carlos Sarzano und Achille-Alfred Bourquin – möglicherweise über Georges Ketterer - erst ermöglicht.
Ob sich die turbulente und wenig bekannte Geschichte der Uhrenmanufaktur Niton und damit auch die von Sarcar durch die Fusionen wohl doch noch, zumindest in Teilen, rekonstruieren lässt?
Die Zusammenarbeit von Niton mit renommierten Uhrenmanufakturen Ende der 20-er Jahre, am 3. Mai 1927, gründete die Manufaktur A. Lange & Söhne eine Niederlassung in Genf, damals wie heute Welthauptstadt der hohen Uhrmacherkunst. In Genf wollten A. Lange & Söhne vor allem vom dortigen Know-how im Bereich der Armbanduhren profitieren. Zwar hatte die Manufaktur bereits selbst sporadisch Armbanduhren produziert, doch waren für diese Damentaschenuhrwerke verwendet worden, was sich als zu kostspielig erwies. Auf der Suche nach einer alteingesessenen Manufaktur stießen A. Lange & Söhne auf Niton. Nach Angaben eines vormaligen Angestellten war beabsichtigt, gemeinsam ein neues, flaches Uhrwerk für Taschen- und Armbanduhren zu entwickeln, für das man sich Kunden im französischsprachigen Europa, hauptsächlich der Schweiz und Frankreich, erhoffte. Die Kooperation wurde aus nicht näher bekannten Gründen bereits zwei Jahre später beendet. Möglicherweise waren die von Niton an Lange gelieferten hochwertigen Uhrwerke in den Zeiten der Depression für den europäischen Markt einfach zu teuer. In dem kurzen Zeitraum ihrer Zusammenarbeit verkaufte A. Lange & Söhne lediglich acht hochwertige Armbanduhren, die mit dem typischen 10-linigen Formwerk von Niton ausgestattet waren (Abb. 20 und 21). Eine jede von ihnen ist einzigartig und von Hand gefertigt, sie wurden ab 1927 zu Preisen zwischen 190 und 800 Deutschen Mark verkauft. Interessanterweise finden sich zu dieser Zusammenarbeit in der Bibliothek des Deutschen Uhrenmuseums in Glashütte keinerlei Hinweise. Auch scheint sich weder dort noch bei A. Lange & Söhne jemand über die hohe Qualität dieser ersten Armbanduhren mit einem Uhrwerk von Niton aus Genf im Klaren gewesen zu sein. Für die Niederlassung in Genf sind lediglich die Verkaufs-, aber keine Werkstattbücher verfügbar. In ersteren sind die Kaliber für die Uhren mit den Gehäusenummern 100008 bis 100015 nicht korrekt als 10-linig verzeichnet, was damit zu tun haben könnte, dass die in Genf hergestellten Uhren nicht über Glashütte, sondern direkt an die Kunden ausgeliefert wurden (Quelle: Wolfgang Stegemann). Auch Edouard Koehn, ein früherer Partner und Direktor von Patek Philippe, der 1891 die Uhrenfirma von Henrich Robert Ekegren übernahm, verwendete wenigstens dreimal (Abb. 22 und 23) das 10-linige Tonnenwerk für drei rechteckige Armbanduhren. Die Manufaktur Ekegren war dafür bekannt, dass sie noch höherwertigere Uhren als Patek Philippe produzierte und die qualitativ hochwertigsten Uhren, die die Werkstatt von Edouard Koehn verließen, trugen zu Ehren des Vorbesitzers die Bezeichnung HR Ekegren.
Auch Cartier verwendete in vier Fällen nachweisbar das tonnenförmige, 10-linige Uhrwerk von Niton für Armbanduhren, zweimal für eine tonnenförmige (Abb. 24 und 25), zweimal für eine rechteckige Armbanduhr. Und Cartier verwendete in mindestens einem Fall ein 2 ½-liniges baguetteförmiges Uhrwerk für eine Damenuhr und ein 17-liniges Uhrwerk für ein Taschenuhr. Wieviele Uhrwerke Cartier tatsächlich von Niton bezog, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben.
Patek Philippe begann erst 1932 mit der Entwicklung und Produktion eigener Kaliber. Nachdem 1932 die Gebrüder Stern die Manufaktur übernommen hatten, wurde entschieden, dass eigene Kaliber für Armbanduhren entworfen und hergestellt werden sollten. Trotzdem bezog Patek Philippe nach wie vor Uhrwerke von Dritten, darunter auch Niton. So kaufte Patek Philippe in den späten 30-er Jahren eine Serie von 30 Rohwerken von Niton, bei denen es sich um das schon bekannte tonnenförmige, 10-linige Uhrwerk handelte, aber auch um Kaliber für Damenarmbanduhren. Lediglich eine Herrenarmbanduhr von Patek Philippe ist bekannt, die mit ersterem Uhrwerk ausgestattet ist (Abb. 26 und 27) und moglicherweise einem Taschenuhr mit 17 linige Uhrwerk und drei Damenuhr mit 7 und 6-linige Uhrwerk wie die Reverso Ref. 106. Wie viele andere Manufakturen auch, wusste Patek Philippe lange Zeit nicht, dass in frühen Armbanduhren Uhrwerke von Niton verwendet wurden. Neben Haas Neveux, Patek Philippe, Audamars Piguet und Vacheron Constantin war Niton in den 20-er und 30-er Jahren Hauptlieferant von qualitativ hochwertigen Taschen- und Armbanduhren für Gübelin. Da das Archiv die Uhren jedoch nach Kundennamen und nicht nach Kalibern auflistet, konnten nur fünf Armbanduhren von Gübelin gefunden werden, die mit dem tonnenförmigen, 10-linigen Uhrwerk ausgestattet sind, darunter drei mit klassischer Zeitanzeige und zwei mit springender Stunde (Abb. 28 bis 33). In den 20-er Jahren experimentierten die Manufakturen mit neuen Formen und neuen Arten der Zeitanzeige, wie eben der springenden Stunde. In diesem Zusammenhang brachten Vacheron & Constantin, Wenger, Patek Philippe, Gübelin, Henri Blanc, Glycine und Niton ein Armbanduhrgehäuse mit Klappdeckel auf den Markt, das an Savonette-Taschenuhren erinnerte. Diese Uhren wurden auch „Cabriolette“, „Couvercle“, „Hunter Case“ oder „Flip Top“ genannt. Entworfen wurde diese Gehäuseform von dem Juwelier, Uhrmacher und Goldschmied Léon Hatot speziell für Armbanduhren. Die „Cabriolette“ wurde zwischen 1920 und 1935 im zeitgenössischen Stil des Art Déco hergestellt. Nachfolger, wie Verger Frères, Cartier, HR Ekegren/Edouard Koehn wandelten das Design nach einem Entwurf von Verger Frères leicht ab, jetzt schützten Metalllamellen Glas und Zifferblatt, die mit einem Schieber oder Drücker geöffnet werden konnten. Andere Armbanduhren konnten über eine Schiene gewendet werden, dieses Prinzip wurde später von Jaeger LeCoultre für die berühmte „Reverso“ übernommen.
Weitere Werke des tonnenförmigen Kalibers von Niton im „Cabriolette“-Gehäuse finden sich bei zwei Armbanduhren von Gübelin (Abb. 31 bis 33) und einer von Henry Blanc (Abb. 34). Auch C. H. Meylan (Abb. 35), Audemars Piguet (Abb. 36), HR Ekegren/Edouard Koehn (Abb. 37), Patek Philippe von LeCoultre (Abb. 38) und Touchon & Co. (Abb. 39) benutzten das gleiche 10-linige, tonnenförmige Kaliber wie Niton. Alle diese Kaliber unterschieden sich nur geringfügig voneinander, stammten aber vom selben Entwickler, nämlich Louis Elisee Piguet & Fils. Niton verwendete auch flache, runde Werke für Herrenarmbanduhren. Edouard Henry Dreyfous bediente sich aller Wahrscheinlichkeit nach zweier runder Kaliber von Niton mit 9 bzw. 9/12 Linien, letzteres bekannt als das Kaliber Frédéric Piguet 99P (Abb. 40 bis 42).
Kaliber für Herrentaschenuhren
Es sind mindestens sieben verschiedene runde Kaliber für Taschenuhrwerke bekannt, die Niton lieferte, ein 15-liniges (unbekannt), ein 16-liniges (Abb. 43 und 44), ein 16-17-liniges (Abb. 45 und 46), zwei unterschiedliche 17-linige (Abb. 47 und 48 und 49 und 50), ein 19-liniges (siehe Abb. 5 bis 7)und eines von 20 Linien (Abb. 51). Was den Ursprung der 17-linigen Kaliber betrifft, so ist dieser umstritten und wird kontrovers diskutiert. Das Wissen um die Hintergründe erleichtert hier das Verständnis. Denn vor 1924 war die Schweizer Uhrenindustrie zersplittert und nicht hierarchisch, sondern eher in horizontaler Ebene gegliedert. Zahlreiche unterschiedliche Firmen hatten je ihr eigenes Spezialgebiet, wie die Entwicklung von Uhrwerken, die Herstellung von Rohwerken oder anderen Komponenten, beispielsweise Zifferblätter, Uhrgehäuse oder Gläser. Andere wiederum bauten die Einzelteile zusammen oder führten die Justierungen und Reglagen aus. Die fertigen Uhren wurden direkt verkauft oder an andere Uhrhäuser und Juweliere. Um den Schwund von Arbeit, Wissen sowie Handwerkskunst aufzuhalten und die Wettbewerbsposition der Schweiz aufrecht zu erhalten, stimmte die eidgenössische Regierung der Bildung eines Kartells zu. Erst danach begannen einige Uhrhäuser eigene Kaliber zu entwickeln.
Üblicherweise verkauften die Produzenten von Kalibern oder Rohwerken diese an verschiedene Finisseure und Uhrenmanufakturen. Dort wurden die Uhren fertiggestellt und vielfach erneut an andere Uhrhäuser oder Juweliere weiterverkauft. Allerdings kam es vor, dass eine Uhrenmanufaktur den jeweiligen Produzenten beauftragte, Brücken oder Kloben der Werke leicht zu ändern, um sich von den Konkurrenten auf dem Uhrenmarkt abzuheben. Es versteht sich von selbst, dass für diese Leistung gezahlt werden musste. So hat Niton bei Louis Elisee Piguet die Entwicklung eines extra flachen, 17-linigen Werkes beauftragt (siehe Abbildungen 47 und 48). Es gilt als sicher, dass Niton, möglicherweise zusammen mit C. H. Meylan, diese extra flachen 17-linigen Kaliber für C. H. Meylan, Henry Blanc/Cresarrow Watch Co., Breguet, Cartier, Garrard & Co. und anscheinend auch für HR Ekegren/E. Koehn, Touchon & Co., Charlton & Co. über Haas Neveux produzierte. Dies ist insofern bemerkenswert, als man weiß, dass andere Manufakturen das gleiche, aber dickere 17-linige Uhrwerkskaliber verkauften wie Agassiz, Ferrero, Audemars Piguet, Charlton & Co. über Vacheron Constantin, D. Nicole, Baume & Mercier, H. Matalene, Louis Cottier, Paul Ditisheim, Otto Ahrens, MA Plojoux, Frankfeld, Gruen Watch Co., Bulova Watch Co. und Gotham & Co. über Zenith.
Und dies waren nicht die einzigen Uhrwerke, die Niton herstellte. Zwischen 1919 und 1941 produzierte Niton speziell für Anhänger-, Broschen und Armbanduhren für Damen mehr als zehn verschiedene ultraflache baguetteförmige Kaliber, darunter zwei L-förmige (siehe vorheriges Abb. 8 und 9), je zwei unterschiedliche ovale und rechteckige Werke, aber auch zwei unterschiedliche kleine und flache runde Kaliber für Damenanhänger- und Armbanduhren bzw. Herrenarmbanduhren. Für letztere stellte Niton das Vertraute ultraflaches tonnenförmiges Kaliber, daneben acht verschiedene flache runde Kaliber für Taschenuhren her.
Nach den Auftrags- und Verkaufsbüchern von Louis Elisee Piguet & Fils (Abb. 52) und LeCoultre erwarb Niton zwischen 1923 und 1937 insgesamt 911 Rohwerke. Es ist verblüffend, dass diese Bücher auch die Wirtschaftskrise spiegeln. Nach dem Börsenkrach 1929 gingen die Aufträge in den Folgejahren zurück und blieben in den Jahren von 1932 bis 1934 ganz aus.
Resumée
In den 20-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte sich Niton in kürzester Zeit als eine der besten Uhrenmanufakturen in Genf und ließ schnell alle anderen Konkurrenten der hohen Uhrmacherkunst hinter sich. Der Höhenflug dauerte nur kurz und endete in den frühen 30-er Jahren. Trotzdem scheint es unverständlich, dass in der Literatur so gut wie keine Spuren über die Geschicke der Manufaktur zu finden sind, denn die von Niton produzierten Werke gehörten zu den qualitätvollsten ihrer Zeit und wurden von den feinsten Uhrenhäusern und Juwelieren bezogen. Gründe für das Verschwinden von Niton mögen der schnell wechselnde Geschmack der Mode gewesen sein, aber auch die Wirtschaftskrise, die zunehmende Industrialisierung und letztlich natürlich die Entwicklung der Quarzuhr, alles Umstände, die die Firma immer wieder zwangen, sich neu zu erfinden. Erst in den 80-er Jahren unter dem Handelsnamen Sarcar erreichten die Uhren der Marke wieder die Qualität derjenigen aus der fruchtbaren Periode von Niton, während andere Häuser, wie Patek Philippe, Vacheron Constantin, Jaeger LeCoultre oder Audemars Piguet ihren Standard über die Jahrzehnte hielten. Zudem versuchten letztere, sich von ihren jeweiligen Konkurrenten abzuheben, indem sie immer leicht abgewandelte Kaliber verwendeten, wogegen Niton an seinem tonnenförmigen Werk für Armbanduhren festhielt. Ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits spricht dies natürlich für die hohe Qualität des Werks, doch hätte man es andererseits durch seine zahlreiche Verwendung in Uhren anderer Manufakturen auch für ein 08/15-Werk halten können, ein möglicher Makel, der um jeden Preis vermieden werden sollte.
Es ist nicht bekannt, wieviele Werke und unterschiedliche Kaliber Niton insgesamt produzierte, doch wahrscheinlich waren es mehr als 27 verschiedene Kaliber. Im Gegensatz zu Manufakturen wie Patek Philippe, Cartier oder Vacheron Constantin besaß Niton keine schlagkräftige Öffentlichkeitsabteilung, die sich um die Vermarktung gekümmert hätte und so konnten die Konkurrenten die kleine Firma Niton durch ihre gut funktionierenden PR-Abteilungen weit hinter sich lassen. Das Motto von Carlo Sarzano, groß genug, um kräftig und klein genug, um ungebunden zu sein, war ehrenwert, doch angesichts der Umstände nicht hilfreich. Auch dass er Niton übernommen hatte, um seine eigene Marke auf den Markt zu bringen, bedeutete schließlich den Anfang vom Ende des Hauses Niton.